Von wegen Hochwasserschutz: 3250 Baugenehmigungen in Überschwemmungsgebieten zugelassen

Absurd: Die Staatsregierung will insgesamt neun teure Flutpolder entlang der Donau bauen, um die Bevölkerung vor Hochwasser zu schützen, einen davon in Leipheim. „Dann kann es aber nicht sein, dass die Verwaltungen vor Ort etliche Baugenehmigungen in Überschwemmungsgebieten erteilen“, mahnt Grünen-Abgeordneter Max Deisenhofer.

3250 Ausnahmeentscheidungen: Wie eine Anfrage ans bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Grünen-Landtagsabgeordneten Max Deisenhofer ergeben hat, erteilten die regional zuständigen Verwaltungen so viele Ausnahmegenehmigungen für Bauvorhaben in Überschwemmungsgebieten in den vergangenen fünf Jahren. Und das, obwohl eines klar auf der Hand liegt: Je mehr zubetonierte Flächen, desto drastischer das Hochwasser bei Starkregenereignissen. Vor allem die Landratsämter in Niederbayern fallen mit mehreren Hundert Genehmigungen in den Landkreisen Straubing-Bogen und Deggendorf ins Gewicht. Geht uns hier in Schwaben nichts an? Ganz im Gegenteil. Denn im Hinblick auf die geplante Flutpolder-Kette der bayerischen Staatsregierung sollte der Hochwasserschutz eigentlich ineinandergreifen: „Es kann nicht sein, dass hier bei uns in Schwaben, wo die Donau in Bayern eintritt, Flutpolder gebaut, und am Ende der Kette in Niederbayern die Überschwemmungsgebiete zubetoniert werden“, so Deisenhofer.

Etliche vollgelaufene Keller, zerstörte Wohnhäuser, Kitas und Straßen haben nicht nur im vergangenen Juni gezeigt, dass in Bayern noch lange kein flächendeckend wirksamer Hochwasserschutz besteht. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hat angesichts der Überschwemmungen nach dem Starkregen einmal mehr bekräftigt, dass das Umweltministerium an der geplanten Flutpolderkette entlang der Donau festhält. Gebaut werden sollen die Polder in Leipheim, Helmeringen, Neugeschüttwörth, Bertoldsheim, Großmehring, Katzau, Wörthhof und an der Öberauer Schleife. Lediglich der Polder in Riedensheim ist bereits einsatzbereit, allein dieser Bau hat 40 Millionen Euro gekostet.

Gegen die Großprojekte regt sich nicht nur lokal Widerstand. Auch die bayerischen Grünen um Max Deisenhofer fordern schon lange einen Hochwasserschutz, der sich nicht nur auf Flutpolder stützt. „Stattdessen müssen wir so schnell wie möglich in kleine Maßnahmen wie Dämme, Hochwassermulden oder ein Frühwarnsystem investieren – und zwar nicht nur an der Donau, sondern vor allem an ihren Zuflüssen.“ Entscheidend sei zudem der ökologische Hochwasserschutz, wie der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Christian Hierneis, bekräftigt: „Wir brauchen renaturierte Auen, Moore und erweiterte Fluss- und Bachufer, um bei Starkregen mehr Wasser in die Fläche zu kriegen.“ Hierneis und Deisenhofer haben sich erst vor kurzem das Gebiet in Leipheim angeschaut, in dem der Flutpolder errichtet werden soll. „Beim Hochwasser im vergangenen Juni wäre er nicht mal geflutet worden“, so Deisenhofer. Schwaben war vergangenen Juni besonders schwer vom Hochwasser betroffen, problematisch waren aber auch hier vor allem die kleinen Flüsse wie Kammel oder Günz und nicht die Donau.

Die Anfrage hat außerdem ergeben, dass im Gegenzug lediglich 66 Fälle in Bayern bekannt sind, in denen beantragte Genehmigungen abgelehnt worden sind – versehen jedoch mit dem Hinweis, dass eine vollständige Beantwortung der Fragen aus Kapazitätsgründen nicht möglich sei und die Daten daher nicht vollständig sein könnten.

Im Bild: Max Deisenhofer (links) beim Vor-Ort-Besuch in Leipheim, wo einer der Flutpolder an der Donau gebaut werden soll.