Runderneuerte Reifen: Klimaschutz und Standortstärkung in Einem

Runderneuerte Reifen sparen CO₂-Emissionen, schonen Ressourcen und senken Betriebskosten. Damit das Potenzial ausgeschöpft wird, braucht es endlich klare politische Rahmenbedingungen, die diese nachhaltige Alternative gezielt fördern. Ein Beispiel aus Bayern zeigt, wie innovative Technologien und staatliche Förderung dabei helfen können.

Die beiden Landtagsabgeordneten Max Deisenhofer und Martin Stümpfig haben das Werk der Rigdon GmbH in Günzburg besucht, die Fahrzeugreifen runderneuert. Hier verbinden sich Klimaschutz und Wirtschaftsförderung: Durch die Verlängerung des Lebenszyklus von Reifen werden wertvolle Rohstoffe im Kreislauf gehalten und natürliche Ressourcen geschont, gleichzeitig sinken die Betriebskosten von Fuhrparks, was die Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Durch das Werk führte Geschäftsführer Günter Ihle, der neben seiner Tätigkeit bei Rigdon das Netzwerks AZuR initiierte und als Innungsobermeister im Fachverband Recycling von Reifen & Gummi bvse aktiv ist.

Runderneuerung reduziert den Müllberg

Allein in Deutschland fallen jährlich 49 Millionen Altreifen an. Das sind 525.000 Tonnen pro Jahr. Mit dieser Menge könnte sechsmal das Olympiastation bis zum Rand gefüllt werden. Mit der Runderneuerung wird die gleiche Qualität erreicht wie bei einem neuen Reifen. Diese kann mindestens zwei- bis dreimal mal erfolgen, was den Müllberg deutlich reduziert. Der Lkw-Bereich kann eine Quote von zumindest noch 30 Prozent Anteil an runderneuerter Reifen vorweisen – ein Rückschritt, lag sie doch schon einmal bei 50 Prozent. Im Pkw-Bereich hingegen liegt sie bei traurigen 0,1 Prozent. Hier hat die Reifen-Lobby sich erfolgreich durchgesetzt, da sie mit neuen Reifen mehr Gewinn macht, dabei ist die Conti-Studie zu angeblich höherem Rollwiderstand widerlegt.

Wiederverwertung spart Emissionen und Ressourcen

Geschäftsführer Ihle nannte auch im Bereich der Emissionseinsparung deutliche Zahlen: Ein runderneuerter Pkw-Reifen verursacht bei der Herstellung etwa 21 Kilogramm weniger CO₂ als ein neuer Reifen. Bei Lkw-Reifen liegt die Einsparung sogar bei rund 135 Kilogramm CO₂ pro Reifen, das sind etwa zwei Drittel weniger. Hochgerechnet auf das Jahr 2021 konnten in Deutschland durch die Fertigung runderneuerter Reifen etwa 114.000 Tonnen CO₂ eingespart werden. Auch die Ressourcenschonung ist erheblich: Im Vergleich zu Neureifen spart ein runderneuerter Pkw-Reifen rund 5,9 Kilogramm Rohstoffe ein, ein runderneuerter Lkw-Reifen sogar über 44 Kilogramm. Insgesamt wurden so 2021 rund 37.000 Tonnen an wertvollen Materialien wie Gummi und Stahl eingespart, gleichzeitig fiel weniger Abfall an, was wiederum die Umwelt entlastet (Grundstoff für Reifen ist meist Naturkautschuk).

Herausforderungen könnten politisch beseitigt werden

Trotz dieser ökologischen und ökonomischen Vorteile kämpft die Branche mit erheblichen Herausforderungen. Unter anderem billige Importreifen gefährden die Zukunft der Runderneuerung in Deutschland. Dabei sind die Forderungen an die Politik eindeutig: Gebrauchtreifen dürfen nur von zertifizierten Betrieben gesammelt und sortiert werden, um Qualität und Sicherheit zu gewährleisten, das Recycling muss in der EU erfolgen und Importreifen müssen runderneuerungsfähig sein. Ebenso wichtig ist, dass die EU-Taxonomie angepasst wird, damit runderneuerte Reifen rechtssicher eingesetzt werden können. Die öffentliche Hand sollte hier mit gutem Beispiel voran gehen. Eine klare Priorisierung bei öffentlichen Ausschreibungen wäre nötig. Kommunen sollten mindestens 50 Prozent ihrer Reifen mit runderneuerten Produkten decken, wo diese verfügbar sind. Realität ist laut Ihle aber oft, dass in Ausschreibungen runderneuerte Reifen aus Unkenntnis verboten werden. Auch die Vielfalt an Reifendimensionen ist zu überdenken. Es gibt über 5000 verschiedene Pkw-Reifentypen. Dies erschwert die Runderneuerung.

Mit Innovationen Zukunft gestalten

Deisenhofer und Stümpfig zeigten sich beeindruckt vom Innovationsgeist der Rigdon GmbH. Mit Hilfe von Bundesfördermitteln in Höhe von 2,4 Millionen Euro wird dort eine moderne, KI-gestützte und vollautomatisierte Anlage zur Runderneuerung von Pkw-Reifen aufgebaut. Diese innovative Technik spart im Vergleich zu Neureifen rund die Hälfte an Energie und zwei Drittel an Materialien. Mit einer geplanten Jahresproduktion von etwa 300.000 Reifen könnten damit jährlich über 6.300 Tonnen CO₂ sowie erhebliche Mengen Stahl und Gummi eingespart werden. Runderneuerte Reifen sind damit nicht nur ein ökologisch sinnvoller Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze sichert und lokale Wertschöpfung schafft. Die beiden Landtagsabgeordneten fordern: Die Politik muss jetzt die richtigen Rahmenbedingungen setzen, um dieses Potenzial voll zu nutzen – für den Klimaschutz, für die regionale Wirtschaft und für eine nachhaltige Zukunft.