Bildungs-Haushalt: Verfehlte Personalpolitik kostet jetzt Millionen

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig: Im Bildungsbereich brennt die Hütte, und an manchen Stellen brennt die Hütte lichterloh. Während der Kultusminister – ich wünsche an dieser Stelle gute Besserung – in seiner Zeit als Oppositionsabgeordneter, so habe ich es mir sagen lassen und dem einen oder anderen Protokoll entnommen, noch ein scharfsinniger und scharfzüngiger Kritiker der CSU-Bildungspolitik war, hat er sich im Laufe dieser Legislaturperiode sehr schnell von den wolkigen Beschönigungen seines Hauses und der CSU-Bildungspolitik anstecken lassen. Das beste Beispiel hierfür ist der Lehrkräftemangel. Wir haben seit Beginn dieser Legislaturperiode auf die Lage hingewiesen. Das wurde immer kleingemacht. Zuerst wurde die Situation geleugnet und am Ende kleingerechnet. Jetzt muss der Ministerpräsident eingreifen, der übrigens als damaliger Finanzminister die hausgemachte Misere maßgeblich mit zu verantworten hat. Der sucht jetzt das Heil in verzweifelten Abwerbeversuchen in anderen Bundesländern.

Herr Hofmann, wenn Sie sich jetzt für 400 Millionen Euro mehr abfeiern, muss man ganz klar sagen, dass mit dem Geld versucht wird, die Versäumnisse beim Personal, die die CSU während ihrer Alleinregierung verursacht hat, aufzuholen. Während wir jetzt versuchen, in anderen Bundesländern die Lehrkräfte abzuwerben – was übrigens nicht funktionieren wird, weil die am liebsten bei sich vor Ort bleiben, wo sie genauso gebraucht werden –, warten Absolventinnen und Absolventen mit ausländischen Abschlüssen – dazu zählen auch die Abschlüsse aus anderen Bundesländern – weiter auf die Anerkennung in Bayern. Selbst bei Bewerberinnen und Bewerbern mit zwei bayerischen Examina wird die Rückholaktion scheitern, wenn sich das Kultusministerium weigert, die Beförderungen aus den anderen Bundesländern anzuerkennen. Ich persönlich habe die verfehlte Personalpolitik der CSU selber erlebt. Ich ärgere mich jeden Tag über die Abwanderung von so vielen qualifizierten Kolleginnen und Kollegen in andere Bundesländer und in andere Berufe in den letzten Jahren.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen: Ich habe 2016 das Referendariat in Bayern beendet. In meinem Seminar waren wir 31 Kolleginnen und Kollegen. Das ist gerade einmal gut sechs Jahre her. Damals hat 1 Kollegin von 31 ein Einstellungsangebot vom Freistaat bekommen. 30 sind in andere Berufe und in andere Bundesländer abgewandert. Sie haben sich anderen Dingen gewidmet. Die fehlen uns jetzt vorne und hinten. Das sind die Folgen Ihrer Personalpolitik. Aber leider, da stimme ich Ihnen zu, hilft uns der Blick zurück im Moment nur bedingt. Wir brauchen mehr Köpfe in unseren Klassenzimmern. Anscheinend findet man im Moment nicht mehr genügend qualifizierte Köpfe. Wir müssen also die vorhandenen Lehrkräfte stärken, damit die sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können. Die Kernkompetenz unserer pädagogischen Kräfte ist der Unterricht, die Arbeit mit der Klasse. Wir müssen sie von der nervenaufreibenden IT-Betreuung entlasten. Wir müssen die Schulverwaltungen stärken, damit sich die Lehrkräfte auf ihre Kernkompetenz, nämlich das Unterrichten, konzentrieren können. Nicht zu vergessen sind unsere Schulleitungen, die an allen Schularten, aber vor allem an Grund- und Mittelschulen dringend Entlastung benötigen. Wir wollen A 13, aber nicht als Versprechen für die Zukunft, sondern noch in dieser Legislaturperiode, und zwar für Grund- und Mittelschullehrkräfte gleichermaßen. Ich kann nicht verstehen, dass in so einem Fall, wenn man etwas – aus unserer Sicht Gutes – bewegen will, verschiedene Schularten unnötigerweise gegeneinander ausgespielt werden. Das sieht man daran, dass die Beförderungen an allen Schularten plötzlich stoppen. Wir GRÜNE wollen den Beruf der Lehrkraft insgesamt stärken und nicht die eine Schulart gegen die andere ausspielen. Ganz generell brauchen die Schulen selbst höhere Budgets. Sie brauchen mehr Mitbestimmung beim Geld, vor Ort und auch beim Personal. Ein weiteres Thema sind unsere Fachschulen, die in den dringend benötigten Mangelberufen ausbilden. Bei denen reicht jetzt an der einen oder anderen Stelle der Klassenzuschuss nicht mehr, und daher müssen sie wieder Schulgeld verlangen. Mit dieser Entwicklung sind wir doch gesamtgesellschaftlich auf dem absoluten Holzweg.

All diese Themen müssen wir angehen. Bei diesen Themen kann man gerne um jeden Cent, den man ausgeben will, diskutieren und deswegen gut überlegen. Schaut man in den Haushaltsplan 05 in Kapitel 05 50 Titel 684 22, dann ist zu lesen, dass 100.000 Euro aus dem Staatshaushalt zur Reduzierung der Schwinggeschwindigkeit der Glocken in der Wallfahrtskirche Biberbach verwendet werden sollen. – Ich habe nichts gegen dieses Vorhaben, das sage ich als Schwabe ganz offen. Ich habe nichts gegen dieses Vorhaben. Aber ist das eine staatliche Aufgabe? – Wie erklären wir das den überlasteten Lehrkräften an den Schulen? Wie erklären wir, dass wir so etwas fördern? – Ich glaube, es ist relativ schwierig, das an der Basis zu erklären. Ich fürchte, mit derartigen Anträgen fördern wir eher die Politikverdrossenheit in diesem Land.

Apropos Politikverdrossenheit: Die Uni Bielefeld macht jedes Jahr ein Ranking zur politischen Bildung – Bayern belegt dabei regelmäßig den letzten Platz. Es hilft dann auch nicht, dass man uns im Ausschuss verzweifelt zu erklären versucht, dass quasi in jedem Fach die ganze Zeit politische Bildung gemacht wird. Die Zahlen sprechen leider eine deutliche Sprache. Mit unseren Haushaltsanträgen würden wir die politische Bildung an Bayerns Schulen stärken, anstatt sie mit Füßen zu treten. Bei der Erinnerungsarbeit fordern wir einen Paradigmenwechsel. Wir fordern eine dauerhafte institutionelle Förderung nicht nur für die Gedenkstätten, sondern auch für herausragende zivilgesellschaftliche Projekte, die sich über die Jahre hinweg bewährt haben und ebenfalls wichtige Erinnerungsarbeit leisten. Abschließend zurück in die Schulen. Kollege Gotthardt, gut zuhören! – Was in den Corona-Jahren mit am meisten gelitten hat, waren die gemeinsamen Erlebnisse der Schülerinnen und Schüler, bei denen soziale Kompetenz und Teamfähigkeit erlernt werden. Deshalb wollen wir wieder verstärkt Klassenfahrten unterstützen und das Sicherheitsnetz, insbesondere bei psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen, an Schulen noch enger stricken. Das fordern die jungen Menschen zu Recht von uns ein, und wir sind es ihnen nach meiner Meinung nach dem Lockdown auch schuldig.

Wir sind es ihnen auch schuldig, dass wir sie auf die Lebensrealität im Hier und Jetzt vorbereiten. Dazu gehört digitales Lernen, das sich aber nicht im Abruf von Fördermitteln des Bundes erschöpfen darf. Vielmehr müssen mit neuer Technik eben auch pädagogische Neuerungen flächendeckend eingeführt werden. Neue Trends wie ChatGPT könnten auf diese Weise ebenfalls schnell und unkompliziert in den Unterricht integriert werden. Datenschutzrechtlich konform! Bei der „BayernCloud Schule“ wird einem nach der digitalen Bruchlandung um die Schulverwaltung ASV und das Desaster um „Mebis“, ehrlich gesagt, angst und bange, wenn man sieht, dass jetzt wieder dreistellige Millionenbeträge darin investiert werden sollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser schönes Bayern hat eine bessere Bildungspolitik verdient. Unser schönes Bayern hat einen Kultusminister verdient, der Lust auf Innovation hat, nicht einen, der unsere Leute vor Ort durch ellenlange Kultusminister- schreiben, KMS, oder verwirrende Pressekonferenzen von der Arbeit abhält.